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Antrag von BVB/FREIE WÄHLER auf Verkleinerung des Landtages wurde mit vorgeschobenen Gründen abgelehnt

Heute wurde in einer Landtagssitzung über den von Christoph Schulze, Iris Schülzke und Péter Vida bereits im Dezember eingereichte Antrag auf Verkleinerung des Landtages abgestimmt. 

peter1In einer sachlichen, mit Zahlen und Beispielen belegten Rede warb Péter Vida für die Annahme des Antrages. Die Begründung: Schon heute muss sich ein Landtagsabgeordneter in Brandenburg um weit weniger Bürger kümmern als im Durchschnitt der Bundesländer in Deutschland. Zudem ging die Bevölkerung Brandenburgs in den letzten 15 Jahren bereits um über 150.000 Menschen zurück. Ein Trend, der sich in Zukunft weiter fortsetzen wird. Aufgrund dieser Schrumpfung und auch aufgrund der finanziellen Situation des Bundeslandes müssen die Bürger mit den Konsequenzen von Streichungen und Stellenkürzungen leben. Die Zahl der Abgeordneten im Landtag blieb hingegen trotz Bevölkerungsschwund und Sparmaßnahmen die gleiche.

 

Bereits im Vorfeld wurde aufgrund Interessenlagen und der Aussagen in der Presse klar, dass nahezu alle Parteien diesen Antrag ablehnen würden. Doch es war interessant zu sehen, wie die Parteien den Unwillen bei sich selbst zu sparen begründen.

PlenarsaalPeterSpricht

Péter Vida (BVB/FREIE WÄHLER) spricht im Parlament für die Verkleinerung des Landtags

Teilweise wurden von mehreren Fraktionen die gleichen Gegenargumente gebracht und in verschiedenen Kombinationen wiederholt. Daher eine Zusammenfassung und Bewertung der drei Hauptargumente. 

Das erstes Gegenargument war die Aussage, dass Wahlkreise dadurch größer werden. Was die Parlamentarier natürlich vor Probleme stellen würde – sie müssten weiter reisen. Es stimmt zwar, dass die Abgeordneten dann größere Wahlkreise zu betreuen hätten. Dennoch ist das Argument ein Armutszeugnis. Die Bequemlichkeit für 88 gut bezahlte Abgeordnete macht die Vergrößerung der Wahlkreise um 23% zu einem Tabu. Aber längere Amtswege für über zwei Millionen Brandenburger machen die Vergrößerung der Landkreise auf das Doppelte NICHT zu einem Tabu. Im Endeffekt läuft diese Argumentation damit auf den von uns kritisierten Fakt hinaus: Es wird überall zu Lasten der Bürger gespart, nur für den Landtag selbst sind Einsparungen Tabu, selbst wenn es nur um die Bequemlichkeit der Abgeordneten geht.

Als zweites Argument wurde aufgeführt, dass Minderheiten und kleine Gruppierungen in einem kleineren Landtag nicht ausreichend repräsentiert werden könnten. Damit sei es quasi undemokratisch, den Landtag auf 68 Abgeordnete zu verkleinern. Diese geheuchelte Sorge – schließlich kam sie von einer der Fraktionen und sogar einer der Personen, die seit Monaten den Gruppenstatus der kleinsten Gruppe im Landtag blockiert – ist gleich mehrfach unlogisch.

Zum einen schon aus der demokratischen Praxis heraus: Das stark ländlich geprägte Schleswig Holstein hat mit 69 Abgeordneten bei 2,8 Millionen Einwohnern schließlich auch ein demokratisches, funktionierendes Landesparlament. In dem mit Piraten, Grünen, FDP und Südschleswigschem Wählerverband gleich vier kleinere Gruppierungen vertreten sind.

Zum zweiten, weil der Antrag ja gerade von der kleinsten (noch immer nicht als solcher anerkannten) Gruppe im Landtag kam. Die drei kleinsten Gruppierungen im Landtag waren auch die einzigen, die nicht geschlossen gegen den Antrag stimmten. Die großen Parteien beschützen also die kleineren Gruppen vor sich selbst? Nein! Die Parteien versuchen ihr Interesse an möglichst vielen steuerfinanzierten Landtags-Posten als fürsorglichen Einsatz für Demokratie und Minderheiten zu verkaufen. Und denken allen ernstes, die Bürger würden dies glauben.

Als drittes Argument kam, dass die Bevölkerungszahl seit der Wende nur um 5% gefallen ist, die Zahl der Abgeordneten jedoch um 23% gesenkt werden soll. Hierzu ist zu sagen, dass die Umstellung erst ab Ende 2019 in Effekt treten würde und die Bevölkerung bis Ende des kommenden Jahrzehnts um weitere 10% fallen soll. Zumal die Kürzungen in anderen Bereichen ebenfalls weit über den Bevölkerungsschwund hinausgingen. In Schleswig Holstein war die Zahl der Abgeordneten 2005 sogar von 75 auf 69 gekürzt worden, ohne dass es einen Bevölkerungsschwund gegeben hatte. Im Gegenteil: Seit 1990 hatte dort die Bevölkerung sogar um rund 200.000 zugenommen.

Péter Vida holte dann auch in der Erwiderung aus und zeigte, wie unlogisch und widersprüchlich einige der Abgeordneten argumentierten. Viele führende Landtagsabgeordnete der SPD (darunter Ministerpräsident Dietmar Woidke, Landtagspräsidentin Britta Stark, Parlamentarischer Geschäftsführer Mike Bischoff, Andreas Kuhnert, Martina Gregor-Ness) hatten sich sogar vor einem Jahrzehnt selbst an einer von Christoph Schulze gestarteten Initiative, den Landtag zu verkleinern, beteiligt. Inhaltlich identisch und mit der gleichen Begründung wie der heutige Antrag. Nun sprechen sich die selben Abgeordneten in ihren Fraktionen gegen die Verkleinerung aus und stimmen dagegen. Mit sachlichen Argumenten lässt sich der Meinungsumschwung nicht erklären. Denn seit dem schrumpfte die Bevölkerung Brandenburgs um 100.000 Menschen und der Schuldenstand und die personelle Unterbesetzung in der Polizei und anderen Bereichen ist heute nicht besser als damals.

Ex-Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (Linke) intervenierte. Er meinte, es seie eine offene Diskussion gewesen, auch wenn er von einer kleinen Gruppe kam. Er zog zudem den Umfang des zukünftigen Bevölkerungsschwunds in Zweifel und meinte man müsse noch abwarten. Péter Vida erwiederte, es würde mit der Sorge um kleine Gruppen argumentiert, während real noch im Oktober die Anerkennung kleiner Gruppen als nicht notwendg erachtet wurde. Es soll nur verzögert werden und die Kritiker haben sich gar nicht mit den Argumenten auseinandergesetzt.

Bei der Abstimmung stimmten die Abgeordneten von BVB/FREIE WÄHLER dem Antrag geschlossen zu. Den Ausschlag gaben jedoch die drei großen Parteien – SPD, CDU und Linke – die den Antrag mit ihrer Stimmenmehrheit geschlossen ablehnten.

Am gleichen Tag verkündete der Landesrechnungshof, dass er seine vierköpfige Führungsspitze von sich aus auf drei Personen reduzieren will. Begründung: Der gesamte Personalbestand im Landesrechnungshof werde abgebaut und man könne die Führungsaufgaben auch zu dritt erfüllen. Entlassen werden müsste niemand, da die Direktorin Kerstin Osten in den Ruhestand ging. Freiwillige Einsparungen ohne Entlassungen und ohne negative Konsequenzen für die Bürger also. Doch die Linken-Fraktionschefin Margitta Mächtig blockt und will die Stelle unbedingt wieder neu besetzen. Warum nur? Man könnte fast vermuten, weil der Posten bisher mit einer Vertreterin der Linken besetzt war…

Fazit: Die großen Parteien sind nicht bereit, auch nur einen einzigen gut bezahlten Posten im Landtag zu streichen. Statt mit gutem Beispiel bei den Sparmaßnahmen voranzugehen wurde statt dessen heute etwas anderes von ihnen beschlossen: Die Erhöhung der ohnehin schon üppigen Bezüge der Parlamentarier um 3,1%. Die Angestellten im Öffentlichen Dienst bekommen hingegen nur 1,8% mehr…

Antrag von BVB/FREIE WÄHLER auf Verkleinerung des Landtages

Alle Reden in der Übersicht des rbb