Trotz Plädoyer für Umdenken in der Tierhaltung: Landesregierung deckt Straathof
Regierung redet vom „Umdenken in der Tierhaltung“ und deckt in der Realität Tierquäler
Brandenburgs Ministerium für Justiz, Europa und Verbraucherschutz forderte kürzlich in einem Plädoyer ein „Umdenken in der Tierhaltung und Agrarpolitik“. Währenddessen werden wir in der Antwort auf unsere zweiten Kleine Anfrage zu den Zuständen Wadelsdorf erneut mit der gleichgültigen Duldung – um nicht zu sagen Deckung und Förderung – von Tierquälern durch die Landesregierung konfrontiert.
Schweinezuchtanlage Wadelsdorf am 30.11.2014, zwei Wochen nach Erteilung der Betriebsgenehmigung
Hintergründe
Die Schweinzuchtanlage in Wadelsdorf wurde 2011 wegen eklatanter Verstöße gegen den Tierschutz geschlossen, bevor sie an den inzwischen mit bundesweitem Tierhaltungsverbot belegten „Schweinebaron“ Straathof verkauft wurde. Der „Bestandsschutz“ für die Anlage diente daher von Anfang an nur als juristisches Konstrukt, um strengere Gesetze hinsichtlich Immissionsschutz und Bürgerbeteiligung umgehen zu können, nicht der Überlebenshilfe für einen laufenden Betrieb.
Trotz Straathofs bereits damals schlechtem Ruf stand das Bauamt des Landkreises voll und ganz hinter dem Investor. Regelmäßig drückte man mehr als nur beide Augen zu, um Straathof den Bestandsschutz zu sichern und so die neuen Gesetze zu umgehen. Bauarbeiten wurden zum Zeitgewinn schon illegal ohne Genehmigung durchgeführt, mehrfache Anzeigen von Anwohnern dagegen ignoriert.
Am 15. November 2014 wäre der Bestandsschutz ausgelaufen, was die Behörden natürlich nicht zulassen konnten. Also wurde am 13. November hastig eine Betriebsgenehmigung mit allerlei Auflagen erteilt. Denn fertig waren die notwendigen Baumaßnahmen an der Anlage noch lange nicht. Für einige der laut Auflage notwendigen Umbauten ist ein halbes Jahr später noch nicht einmal eine Baugenehmigung erteilt worden.
Kurz nach der erteilten Betriebsgenehmigung wurde gegen Straathof in Sachsen-Anhalt wegen mehrfacher eklatanter Verstöße gegen den Tierschutz ein bundesweites Tierhaltungsverbot verhängt. Die Presse berichtete sodann von einem „Rückzug Straathofs aus Brandenburg„. Doch praktisch setzte er in seinen Unternehmen wohl nur neue Geschäftsführer ein. Was sollte er auch anderes tun – selbst Brandenburgs Landesregierung könnte sich nicht offen über ein bundesweites Tierhaltungsverbot hinwegsetzen.
Doch als Gesellschafter zieht Straathof im Hintergrund wohl weiterhin die Fäden und nimmt so sicherlich auch Einfluss auf die Tierhaltungsbedingungen. In Sachsen-Anhalt wurde das als Verstoß gegen das Tierhaltungsverbot interpretiert ihm dafür eine hohe Geldstrafe verpasst. Aus unserer Sicht zurecht. In Brandenburg passierte hingegen nichts, was uns Ende Februar zu unserer zweiten Kleinen Anfrage zum Thema Wadelsdorf veranlasste. Nun erhielten wir die enttäuschende und entlarvende Antwort der Landesregierung.
Kommentare zu den Antworten auf die Kleine Anfrage
In Punkt 1 fragten wir: „Ist Herr Straathof aktuell noch alleiniger oder anteiliger Gesellschafter von Unternehmen bzw. Betreibergesellschaften, die in den Anlagen Wadelsdorf, Löschen oder Mlode im Bereich Tierhaltung tätig sind?“ Eine Frage, die mit „Ja“ oder „Nein“ beantwortet werden könnte. Doch die Landesregierung redet 468 Zeichen lang um den heißen Brei herum und beantwortete die Frage einfach gar nicht! Da die Betreiberfirma nach wie vor die SPREEFA GmbH ist, müssen wir davon ausgehen, dass Straathof noch immer der Haupteigentümer ist.
In Punkt 3 fragten wir unter anderem, ob die Landesregierung die Rechtsauffassung des Kreises Jerichower Land teilt, dass im Rahmen eines Tierhaltungsverbotes auch ein Besitzverhältnis für eine Schweinezucht mit einer Strafe zu ahnden ist. Auch hier weicht die Regierung aus und beantwortet die Frage nicht.
In Punkt 5 fragten wir, wie es möglich ist, dass 2014 die Haltung der gleichen Zahl von Tieren genehmigt wurde wie im Betrieb vor 2011, obwohl den Tieren seit 2012 gesetzlich mehr Raum zusteht. Antwort der Landesregierung: „[…] kann erst nach Abschluss der vollständigen Sanierung festgestellt werden.“ Es wurden also eine Betriebsgenehmigung für eine Anlage mit 6.802 Tiere genehmigt, obwohl noch niemand weiß, ob die auch dort hineinpassen und scheinbar auch noch niemand weiß, wie die Anlage am Ende aussehen wird.
Punkt 6: „Welche tierschutzrelevanten Kontrollen wurden wann und durch wen in den Anlagen Wadelsdorf, Löschen und Mlode durchgeführt?“ Lapidare Antwort der Landesregierung: „Eine detaillierte Berichtspflicht der Landkreise und kreisfreien Städte gegenüber dem Ministerium besteht grundsätzlich nicht.„
Punkt 11: Der neue Lagertank ist noch nicht fertig, die alten unsanierten Lagertanks dürfen nicht benutzt werden und ein Abnahmevertrag für Gülle bestand auch nicht. Wir fragten: Was passiert zwischenzeitlich mit der Gülle? Antwort der Landesregierung: „Die seit dem 13.11.2014, dem Zeitpunkt der Einstallung von Tieren, anfallende Gülle wird in den Güllewannen unterhalb des gegenwärtig genutzten Stalles vorgehalten. Diese sind hierfür bis zur ordnungsgemäßen Herstellung des Güllelagerungssystems ausreichend bemessen.“ Angesichts der Belegung müssten in dieser Zeit mehrere hundert Kubikmeter Gülle anfallen. Da müssen also ganz schön viele Wannen stehen und die Schweine im Stall hohe Dosen Ammoniak atmen. Einige Anwohner sind jedoch der Meinung, dass die alten Gülletanks illegal wieder in Betrieb genommen wurden.
Mängel wurden bei der Betriebsgenehmigung einfach hingenommen. Es wurden lediglich Auflagen gestellt, die Straathofs Firma zu erfüllen hatte. In Punkt 13 fragten wir: Bis wann müssen diese Auflagen erfüllt werden? Klare Antwort der Landesregierung: „Für die Umsetzung der angezeigten Änderungen wurden dem Anlagenbetreiber keine Fristen auferlegt.“ Auflagen ohne Frist sind jedoch völlig wertlos.
In Punkt 16c fragten wir: „Das angezeigte neue Kadaverhaus existiert nicht. Wie wird in der Anlage Wadelsdorf derzeit mit kranken oder toten Tieren verfahren?“ Antwort: „Der Landesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor (siehe Antwort zu Frage 6).“ Besonders bedenklich: Der Umgang mit kranken und verletzten Tieren war einer der wichtigsten Anklagepunkte gegen Straathof, die zum Tierhaltungsverbot führten. Dennoch handelt die Landesregierung in unverantwortlicher Weise frei nach dem Motto: „Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß…“
Wir können nur hoffen, dass es Brandenburgs Ministerium für Justiz, Europa und Verbraucherschutz mit seinem Plädoyer ernst meint. Wir werden jedenfalls auch mit den beschränkten Mitteln unserer Gruppe weiterhin den Finger in die Wunde legen, bis sich etwas ändert. In Wadelsdorf und anderswo.
Ministerium fordert Umdenken bei Tierhaltung und Agrarpolitik – Artikel der MOZ