Kreisgebietsreform – ein rot-rotes Debakel
Kreisgebietsreform entwickelt sich zum rot-roten Debakel – Demokratie wird mit Füßen getreten, neue Probleme werden offensichtlich, Ablehnung steigt
Bereits Mitte Oktober hatten wir davor gewarnt, dass die Landesregierung plant demokratische Wahlen „zum Wohl der Kreisgebietsreform“ willkürlich zu verschieben. Damals wurde das noch nicht wirklich ernst genommen, das Presseecho hielt sich in Grenzen. Doch inzwischen bestätigt sich die Annahme und wird sogar noch übertroffen. Man will nicht nur per Dekret die bereits laufende Amtszeit verlängern, sondern obendrein die Direktwahl der Landräte durch die Bevölkerung aussetzen. Begründung: „Risiken für die komplizierte Neubildung der Großkreise“. Die Kreisgebietsreform ist also so riskant, dass die Landesregierung dafür gerne demokratische Prinzipien opfert.
Auch aus den negativen Reaktionen der Bevölkerung auf ihr selbstherrliches Verhalten hat die Landesregierung nichts gelernt. Nicht einmal in einfachen Fragen sollen die Bürger mitentscheiden. So legte die Landesregierung schon mal ohne Beteiligung der Bevölkerung fest, wie die neuen Kreise heißen sollen. Und hat dabei die Interessen und Probleme der Regionen nicht im Auge. So hat man jahrzehntelang in den Aufbau der Tourismus-Marke „Spreewald“ investiert. Nun soll Dahme-Spreewald Teil von „Dahmeland-Fläming“ werden, Oberspreewald-Lausitz Teil von „Niederlausitz“. Der Spreewald taucht in den Namen der Landkreise nicht mehr auf. Für die Marke „Spreewald“ ein herber Rückschlag, was zu heftigen Protesten führte.
Verwaltungstechnisch zeigt sich, dass die neuen Kreisgrenzen nicht zu Ende gedacht wurden. Denn die neuen Landkreise decken sich nicht mit den Zuständigkeitsbereichen der Gerichte und Polizeidirektionen. Für das Fusionsgebilde aus Teltow-Fläming und Dahme-Spreewald wären zwei verschiedene Amtsgerichte und zwei verschiedene Polizeidirektionen zuständig. Die Folge ist eine Zuständigkeitgrenze quer durch den Landkreis. Ein Zustand, der so wohl nicht gehalten werden kann. Folglich müsste in Folge auch die noch die Polizei und Amtsgerichtsstruktur im Land „reformiert“ werden. Und das gerade einmal 6 Jahre, nachdem die neuen Zuständigkeiten im Rahmen der Polizeireform „Polizei Brandenburg 2020“ neu festgelegt wurden. Frei nach dem alten DDR-Handwerkerspruch: „Wir bauen auf und reißen nieder, so ham‘ wir Arbeit immer wieder!“. Diese unkoordinierten Planungen führen daher auch bei der Polizei und Staatsanwaltschaft zu wachsendem Widerstand. Obwohl er Mitglied der SPD ist, hat sich daher nun auch Generalstaatsanwalt Erardo Rautenberg in die immer länger werdende Reihe der Reformkritiker eingereiht.
Für die Bevölkerung wird immer klarer erkennbar: Die Reform spart kein Geld, kostet aber viel, schadet der demokratischen Mitbestimmung und zieht weiteres Chaos nach sich. Die Umfrageergebnisse für die Kreisgebietsreform sind entsprechend mies – und werden mit jeder neuen Umfrage nur noch schlimmer. Über zwei Drittel (69%) der Bevölkerung sind inzwischen gegen die Reform. Erstaunlicherweise ist die Ablehnung bei den SPD-Anhängern mit 76% sogar besonders hoch. Die SPD-Parteispitze macht hier eine Politik, die sich nicht nur gegen den Mehrheitswillen der Bevölkerung, sondern sogar gegen mehr als drei Viertel der eigenen Wähler richtet.
Derweil entwickelt sich die Volksinitiative „Bürgernähe erhalten – Kreisreform stoppen“ hervorragend. Schon nach 4 Wochen waren über 10.000 Unterschriften gesammelt, und die notwendigen 20.000 werden voraussichtlich schon vor Jahreswechsel deutlich überschritten. Es steht also zu hoffen, dass die Planungen zur Kreisgebietsreform durch einen Volksentscheid getoppt werden können.
=>Link zur Unterschriftenliste des Volksbegehrens gegen die Kreisgebietsreform