Studie des Wirtschaftsinstitutes IW kritisiert Bau von Eigenheimen im ländlichen Raum – Wir widersprechen!
Derzeit erregt eine Bedarfsanalyse des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) Aufsehen, laut der in Deutschland „am Bedarf vorbei“ gebaut werde. Kritisiert wird vor allem der Bau von Eigenheimen im ländlichen Raum, bei dem es sich laut Interpretation des IW um eine zu bekämpfende „Überproduktion“ handele. „Wir stellen mit Schrecken fest, dass in ländlichen Regionen immer noch sehr viele Einfamilienhäuser gebaut werden“, so IW-Immobilienexperte Michael Voigtländer gegenüber der MAZ.
BVB / FREIE WÄHLER hält diese Interpretation der Daten für grundlegend falsch. Die im ländlichen Raum gebauten Eigenheime sind zumeist keine Investitionsobjekte anonymer Investoren. Es handelt sich stattdessen überwiegend um Eigenheime, die nach Fertigstellung dauerhaft von den Bauherren selbst genutzt werden. Die Entscheidung, sich dauerhaft im eigenen Haus im ländlichen Raum niederzulassen, erfolgte von diesen Bauherren und zukünftigen Bewohnern bewusst. Ihr Ziel ist es nicht, mit der Immobilie maximale Mieteinnahmen zu erzielen oder diese nach einigen Jahren mit maximalem Gewinn wieder zu verkaufen.
Die Aussage des so genannten Experten ist an Arroganz und Geringschätzung des ländlichen Raums kaum zu überbieten. Wir dachten, dass die Zeit, in der Bürgern von Planern und „Experten“ vorgeschrieben wurde, in städtische Großwohnsiedlungen zu ziehen, spätestens 1989 zu Ende gegangen ist.
Angesichts von knappem und teurem Bauland in den Städten bleibt den Menschen oft gar nichts anderes übrig, als sich den Traum vom „ruhigen Haus mit Garten“ im ländlichen Raum zu verwirklichen. Somit ist die Bautätigkeit im Umfeld der größeren Städte, in denen unter Bedarf gebaut wird (Bedarfsdeckung Berlin: 40 %, Potsdam 75 %), keine „Überproduktion“. Sie sind ein Notventil zur Vermeidung von Wohnungsnot und ein Vorzeichen einer neuen Suburbanisierungswelle. So sind in Brandenburg vorwiegend die an Berlin angrenzenden Landkreise (positiv) betroffen.
Die Bedarfsermittlung des IW hat analytisch auch weitere gravierende Schwächen. Dass die gesamte deutsche Küste laut der IW-Studie mehr Wohnungen baut als laut Bevölkerungsentwicklung benötigt werden, hätte die Experten stutzig machen sollen. So liegt die vom IW ermittelte „Bedarfsdeckung“ in Vorpommern-Greifswald (Insel Usedom) mit 529 % und Vorpommern-Rügen (Insel Rügen, Halbinsel Darß) mit 473 % extrem hoch. Viele der laut IW „überschüssigen“ Wohnungen werden offensichtlich als Ferienwohnungen geplant. Doch im Text des IW ist dieser offensichtliche Effekt nicht einmal erwähnt. Es ist besorgniserregend, dass derartige analytische Fehlinterpretationen auch in Brandenburg zur Grundlage politischer Planungen und Empfehlungen gemacht werden.
Die vom IW erkannte Entwicklung zeigt statt einer „Fehlentwicklung“, dass der ländliche Raum durchaus beliebt ist und eine Zukunft hat – insbesondere dort, wo die Verkehrsanbindung zu Arbeitsplätzen in den Städten vorhanden ist. Doch auch landschaftliche Schönheit ist bei vielen ein Kriterium für ihre Standortentscheidung für ihr Eigenheim.
Die Position von BVB / FREIE WÄHLER ist klar: Nicht Politiker und Wirtschaftsinstitute haben zu entscheiden, wo und wie die Menschen wohnen wollen, sondern die Bürger selbst. Und wenn sich die Bürger entscheiden, auf dem Land leben zu wollen, ist das eine persönliche Lebensentscheidung, die zu respektieren und nicht als erschreckende Fehlentscheidung abzutun ist.
Péter Vida, MdL
P.S.:
Speziell das Land Brandenburg besitzt zahlreiche Immobilien, die seit Jahren verfallen (siehe Foto unten und den dazugehörigen Artikel der „Lausitzer Rundschau“). Viele davon werden in der Statistik vermutlich noch immer als potentieller Wohnraum geführt. Dass in diesem Fall trotz scheinbar vorhandenem Wohnraum lieber ein neues Haus gebaut wird, dürfte nicht überraschen.