BVB / FREIE WÄHLER stellt Antrag im Landtag: Aufweichung des BNatSchG verhindern – Interessen der Windkraft-Lobby stehen nicht über Artenerhalt!
Der Artenschutz wurde bereits auf Landesebene zu Gunsten der Windkraft massiv zurückgefahren -– Für brütende Rotmilane gibt es keine Sicherheitsabstände mehr
Die juristischen Folgen der geplanten Novelle des Bundesnaturschutzgesetzes sind in ihren Konsequenzen für Laien schwer nachzuvollziehen. Daher werden wir die Vorgeschichte dieser Novelle am praktischen Beispiel Mopsfledermäuse in Hessen erklären. Diese Tierart steht als „gefährdet“ auf der Internationalen Roten Liste. Auch in der EU und in Deutschland sind Mopsfledermäuse streng geschützt, der Erhaltungszustand ist sehr ungünstig. So musste ein Bestand umgesiedelt werden, als der Flughafen Frankfurt-Hahn seine Landebahn errichtete.
Wegen der Anfälligkeit für Barotrauma sind Fledermäuse besonders gefährdet durch Windkraftanlagen. Entsprechend stehen sie oft dem Ausbau der Windkraft im Weg. Seit 2014 besteht eine schwarz-grüne Regierung. Umweltministerin Priska Hinz (Grüne) räumte in ihrem Amt der Windkraft den Weg frei. Mit Sondererlaubnis sank der Mindestabstand Windkraftanlagen zu Kolonien von Mopsfledermäusen von 5.000 Meter auf nur noch 200 Meter. Ein solches Vorgehen erfüllt unter Umständen den Straftatbestand der mutwilligen Tötung oder Verletzung von Individuen geschützter Arten. Was die Gefahr birgt, dass die genehmigenden Behörden und der Gesetzgeber – aus unserer Sicht zu Recht – erfolgreich wegen Verstoßes gegen das Bundesnaturschutzgesetz verklagt werden.
Daher gab es Ende 2016 eine vor allem von den grünen Landesregierungen ausgehende Initiative im Bundesrat, das Bundesnaturschutzgesetz massiv zu ändern. Ursprüngliches Ziel war es, unter anderem „Klima“ als Ausnahmetatbestand zum Tötungsverbot einzufügen. Was also vorgeblich dem Klimaschutz dient – etwa die Genehmigung von Windkraftanlagen im Wald – erlaubt die dadurch verursachte Tötung geschützter Arten. Diese Extremforderung wurde zum Glück im Bundestag kassiert.
In juristischen Winkelzügen versteckt ist jedoch noch immer eine Aushebelung des Tötungsverbotes per Ausnahmetatbestand enthalten. So „[…] liegt ein Verstoß gegen das Tötungs- und Verletzungsverbot […] nicht vor, wenn die Beeinträchtigung durch den Eingriff oder das Vorhaben […] das Tötungs- und Verletzungsrisiko für Exemplare der betroffenen Arten nicht signifikant erhöht und diese Beeinträchtigung unvermeidbar ist.“ (§ 44 Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes – Bundestag, Drucksache 18/11939)
Bisher gab es ein klares Tötungsverbot, nun eine äußerst dehnbare Bestimmung. Es müsste im Fall einer Tötung erst der Nachweis geführt werden, dass das Tötungsrisiko zuvor „signifikant erhöht wurde“, ehe die anschließende Tötung zur Unzulässigkeit bzw. Rechtswidrigkeit des Vorhabens oder Eingriffs führt. Ein solcher Nachweis dürfte kaum möglich sein, insbesondere bei geschützten Tierarten mit wenigen Individuen. Denn statistische Untersuchungen werden erst ab einer gewissen Stichprobengröße „signifikant“. Wie soll ermittelt werden, dass eine Windkraftanlage an einem bestimmten Standort das Tötungsrisiko zweier in der Nähe nistender Rotmilane „signifikant erhöht“? Der Ausnahmetatbestand wird zum Regelfall, der sich nur schwer widerlegen lässt.
Die Aufweichung des Tötungsverbots wurde von BUND, NABU und Deutscher Wildtier Stiftung heftig kritisiert. Erinnert sei hierbei an die gemeinsame Pressekonferenz mit Herrn Kruschat vom BUND vom 03.01.2017. Diese geplante Aufweichung kann angesichts der Erfahrungen in Brandenburg nicht hingenommen werden. Daher muss die Landesregierung aufgefordert werden, dieser vorgesehenen Änderung im Bundesrat nicht zuzustimmen.
Hintergrundinformationen zum Stand des Gesetzgebungsverfahrens:
Die erste Lesung des Gesetzes zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes im Bundestag (Drucksache 18/11939) fand am 27.04.2017 statt.
Die zweite und dritte Lesung im Bundestag sind für den 01.06.2017 vorgesehen.
Die endgültige Abstimmung im Bundesrat über die Novelle des Bundesnaturschutzgesetzes wird voraussichtlich am 07.07.2017 stattfinden.