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Entscheidung war nicht „überraschend“ – Bundesverfassungsgericht maßregelt die Brandenburger Rechtsansichten im Umgang mit Altanschließern

Eigentlich war die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts eindeutig. Jahrelang wurde mit der Jahrzehnte rückwirkenden Beitragserhebung gegen die Bundesverfassung verstoßen. Doch geht es um Schadensersatzforderungen, wurden die Verbände stets als unschuldige Opfer dargestellt, die sich immer an das Gesetz hielten und nicht wissen konnten, dass sie verfassungswidrig handeln. Grundtenor: „Die Verbände haben immer im Rahmen der Brandenburger Landesgesetze gehandelt und sind somit nicht schadensersatzpflichtig. Die Entscheidung aus Karlsruhe war überraschend und nicht vorhersehbar.“

Dieser Argumentation tritt das Bundesverfassungsgericht selbst entgegen. In vier Entscheidungen vom 16. Januar 2017 macht das BverfG deutlich, dass die Entscheidung absolut vorhersehbar war. (Beschluss vom 16. Januar 2017 – 1 BvR 2406/16 u. a.)

Das BVerfG führt wörtlich aus:
Rn. 10: „Der vorliegende Sachverhalt ist mit diesen Fällen zumindest vergleichbar. Allerdings kann hier nicht ohne Weiteres darauf abgestellt werden, die Verfassungswidrigkeit der jahrelang geübten Verwaltungspraxis sei angesichts der früheren gefestigten Rechtsprechung für den Zweckverband nicht erkennbar und der Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 12. November 2015 daher überraschend gewesen. Da selbst für den Bürger eine ständige Rechtsprechung nur bei Hinzutreten weiterer Umstände einen Vertrauenstatbestand begründen kann (vgl. BVerfGE 72, 302 ; 122, 248 ; 131, 20 ), muss dies erst recht für eine Behörde gelten, die gemäß Art. 1 Abs. 3 und Art. 20 Abs. 3 GG verpflichtet ist, das eigene Handeln auf seine Grundrechtskonformität hin zu jeder Zeit kritisch zu prüfen und auch vermeintlich sichere Überzeugungen zur Disposition zu stellen (vgl. auch BVerwGE 126, 7 ).“ 

Damit bricht nun auch der letzte Pfeiler der Argumentation gegen die Aufhebung der verfassungswidrigen Beitragsbescheide zusammen. Halten die Verbände und das Innenministerium an ihrer damit widerlegten Rechtsauffassung fest, werden neue Verfassungsbeschwerden den Betroffenen unweigerlich Recht geben.