Bevölkerungsprognosen des Landes Brandenburg liegen deutlich daneben – Mehr Zuwanderung und mehr Geburten vor allem in den berlinfernen Regionen
Die Antwort der Landesregierung auf unsere Kleine Anfrage zum Babyboom brachte einige äußerst interessante Fakten zu Tage. Vor allem der Vergleich der realen Entwicklung gegenüber den 2010 erstellen Prognosen war eine Offenbarung. Er zeigte, dass die Bevölkerungsprognosen – entgegen den ständigen Behauptungen von Innenminister Schröter – selbst nach kurzen Zeiträumen schon deutlich daneben liegen und, dass die Bevölkerungsentwicklung im Land keinesfalls so negativ ist, wie von der Landesregierung stets vorgebracht wird.
Die wichtigsten Erkenntnisse aus dem Vergleich der Prognosen aus 2010 mit der Realität 2015
Bild: Geburten in Brandenburg: Die Realität schlägt die Prognosen bei Weitem – Quelle: Eigene Darstellung nach Daten der Landesregierung
1. Alle Landkreise hatten deutlich mehr Geburten als prognostiziert
Prognostiziert war ein deutlicher Rückgang um 1.400 Geburten pro Jahr. Stattdessen stieg die Zahl der Geburten sogar leicht. Insgesamt lag die Zahl der Geburten um 9 % über den Prognosen aus 2010. Offensichtlich hat die Prognose den steigenden Kinderwunsch der Brandenburger unterschätzt. Auffällig ist hierbei, dass vor allem die peripheren Regionen deutlich besser abschnitten als die stets zur Begründung der Kreisgebietsreform angeführten Prognosen. So lag die Zahl der Geburten in Ostprignitz-Ruppin um 15,8 %, in Spree-Neiße um 16,9 %, in Elbe-Elster um 17,6 % und in der Prignitz sogar 21,7 % über der Prognose.
Auch die Zahl der Geburten in Brandenburg an der Havel lag deutlich über der Prognose (+11,5 %), in Frankfurt (Oder) und Cottbus jedoch etwas darunter (-4,8 bzw. -3,2 %). Am schlechtesten schnitt ausgerechnet die kreisfreie Landeshauptstadt Potsdam ab. Die Zahl der Geburten lag dort um 7,8 % unter der Prognose.
2. Mehr Zuwanderungsgewinn als prognostiziert
2015 wanderten insgesamt 35.167 Menschen mehr nach Brandenburg ein als auswanderten. Prognostiziert war für diese Wanderungsbilanz gerade einmal ein Netto-Zuzug von 2.500 Menschen. Wer nun meint: „Ist ja klar, wegen der Flüchtlingskrise“, kennt jedoch nur die halbe Wahrheit. Denn wenn man die Flüchtlinge herausrechnet, liegt die Netto-Zuwanderung dennoch bei rund 17.000 Menschen und damit sieben Mal höher als prognostiziert! Der Zuzug ist für Brandenburg wie eine Verjüngungskur. Abgesehen von den Flüchtlingen ziehen vor allem junge Familien zwischen Ende 20 und Anfang 40 zu, und sie bringen oft Kinder mit und bekommen vielleicht hier sogar noch ein weiteres Kind.
3. Der Massenexodus bleibt aus
2010 wurde mehreren Landkreisen ein kontinuierlicher Wanderungsverlust vorhergesagt, darunter Elbe-Elster, Oberspreewald-Lausitz, Oder-Spree, Ostprignitz-Ruppin, Prignitz, Spree-Neiße und Uckermark. 2015 hatten diese Landkreise stattdessen allesamt ohne Ausnahme eine positive Wanderungsbilanz. Die Landkreise Oder-Spree, Prignitz und Uckermark hätten diese positive Wanderungsbilanz auch komplett ohne Flüchtlinge erreicht.
Fazit
Die demographische Realität in Brandenburg ist insbesondere in den berlinfernen Landkreisen deutlich besser als die Prognosen vermuten lassen. Behauptungen vom bevorstehenden Aussterben ganzer Landkreise sind überzogen. Auch Landkreise wie Prignitz oder Uckermark werden auf Jahrzehnte weit mehr Einwohner haben als kleine Landkreise in Bayern oder Rheinland-Pfalz.
Die Kreisgebietsreform lässt sich daher nicht demographisch begründen. Unsere Forderung ist daher ein Stopp der Pläne zur Kreisgebietsreform. Des Weiteren sollte die Bevölkerungsprognose zeitnah an die Realität angepasst werden. Ebenso müssen die darauf aufbauenden Pläne entsprechend geändert werden. Dies umfasst insbesondere die Bereiche Verkehr, Kitas, Schulen sowie den Landesentwicklungsplan.
Presseecho:
Wird die Kreisreform überflüssig? – Lausitzer Rundschau 15.03.2017
Wackelt jetzt die Kreisgebietsreform? – Der Prignitzer 14.03.2017 (nicht online verfügbar)
RBB – Brandenburg-Aktuell
Substanzieller Kinderkram – Neues Deutschland 16.03.2017
Freie Wähler: Babyboom entzieht der Kreisreform die Grundlage – MOZ 16.03.2017 (nicht online verfügbar)