Das Recht der Bürger, Anregungen, Kritik und Beschwerden an die Vertretungskörperschaften (also auch die Stadtverordnetenversammlung) zu richten, ist ein in Art. 24 der Verfassung des Landes Brandenburg verbrieftes Grundrecht. Dennoch wurde es in den vergangenen Jahren in Bernau sehr stiefmütterlich behandelt. Entgegen des eindeutigen Wortlauts der Verfassung und der Kommunalverfassung wurden Petitionen regelmäßig vom Hauptausschuss abgebügelt. Mehrfach hat unsere Fraktion hiergegen die Stimme erhoben und darauf hingewiesen, dass nur die Stadtverordnetenversammlung entscheidungsbefugt ist und diese die Zuständigkeit nicht delegieren darf. Immer wieder mussten wir uns hierfür hämisches Gelächter anhören. Wir würden die große Politik nachspielen und die Diskussionen in der SVV verlängern wollen, lauteten die selbstgerechten Vorwürfe. Dementsprechend wurde Jahre lang in Bernau in verfassungswidriger Weise mit Petitionen verfahren. Die Verwaltung bereitete eine (zumeist abschlägige) Antwort vor, die Hauptausschussmitglieder bedankten sich artig für die gute „Zuarbeit“ und nickten diese mehrheitlich ab.
Doch wie bekannt, stecken wir nicht auf. Im März wies ich im Hauptausschuss erneut auf die eindeutige Rechtslage hin und forderte, dass auch den Bernauer Bürgern endlich das Recht zu Teil wird, dass die gewählte Vertretung in Gänze über ihr Anliegen diskutiert. Zähneknirschend räumte die Stadtverwaltung ein, die Rechtslage prüfen zu wollen. Ergebnis dieser Prüfung war der auf der jüngsten SVV-Sitzung gefasste Beschluss zur Änderung der Zuständigkeitsordnung. Diese sieht nun vor, dass die SVV abschließend über Petitionen berät und entscheidet. Auch dies ist ein großer, gegen viele Widrigkeiten errungener Sieg der Unabhängigen Fraktion im Interesse der Bürgerschaft.
Noch auf derselben Sitzung war sodann über eine Petition der Anwohner der Konrad-Zuse-Straße und Werner-von-Siemens-Straße zu entscheiden. Diese hatten sich aufgrund der fortdauernden, unzumutbaren Belästigungen durch einen Baubetrieb inmitten ihres Wohngebietes beschwert. Die Stadtverwaltung hatte eine im Wesentlichen abschlägige Antwort vorbereitet. Frau Ziemann (Linke) brachte gegen diese einen Änderungsantrag ein, wonach die Petition im Wesentlichen positiv beschieden werden solle. Aufgrund der Geschehnisse in dem Wohngebiet in den vergangenen Jahren unterstützten wir den Änderungsantrag. Bei der Abstimmung über diesen zählte das Präsidium 12 Ja- und 12 Nein-Stimmen. Stimmengleichheit bedeutet Ablehnung. Über die genannten Zahlen war ich sehr verwundert und bat darum, noch einmal nachzuzählen. Schon ertönte es aus den Reihen derer, die mit Nein gestimmt hatten, dass die Abstimmung beendet sei. Ich erwiderte, dass es doch wohl darauf ankomme, was die Stadtverordnetenversammlung wirklich beschließen will und dass dies nicht durch mögliche Verzähler konterkariert werden darf. Bei der Nachprüfung stellte sich heraus, dass es 13 Ja- und 12 Nein-Stimmen gab. Hiermit war der Änderungsantrag zur großen Freude der anwesenden Betroffenen angenommen.
Dieser Vorgang hat gezeigt, dass Petitionen sowohl in rechtlicher als auch inhaltlicher Hinsicht die Aufmerksamkeit der gewählten Mandatsträger erfordern. Die Unabhängige Fraktion wird ihre Arbeit zur Stärkung der Bürgerrechte entschlossen fortsetzen.